GroKo oder Neuwahlen? Nein – es gibt einen dritten Weg!

Die SPD kann entweder Angela Merkel zwingen, eine Minderheitsregierung zu führen – oder sie kann selbst eine Minderheitsregierung anführen. Dazu muss nur Martin Schulz zur Kanzlerwahl antreten. Nennen wir es #dritterweg.

Klingt verrückt? Ist es aber nicht. Gib mir zwei Minuten 😉

Das Sondierungs-Ergebnis zwischen CxU und SPD liegt seit ein paar Tagen auf dem Tisch, und Begeisterung hat es wohl bei niemandem in der SPD ausgelöst. Manche argumentieren nun, dass eine GroKo – selbst auf der Grundlage dieses müden Kompromisses – die einzige Lösung, das kleinere Übel, ja eine patriotische Pflicht sei. Denn Angela Merkel wolle nun einmal keine Minderheitsregierung, und damit blieben sonst nur Neuwahlen.

Ich glaube nicht, dass das stimmt. Denn die SPD kann entweder Angela Merkel zwingen, eine Minderheitsregierung zu führen – oder sie kann selbst eine Minderheitsregierung anführen. Und BEIDE Optionen bieten wesentlich mehr Chancen als eine weitere GroKo oder Neuwahlen, die höchstens die AfD stärken würden.

Philip Banse und ich haben die Möglichkeiten der SPD-Fraktion in unserem Podcast Lage der Nation einmal durchgespielt: Was, wenn Martin Schulz ankündigt, er trete im Bundestag zur Wahl als Bundeskanzler an?

Das klingt erst mal verrückt. Er hat doch keine Mehrheit!

Das stimmt aber nur halb. Denn er hat zwar keine absolute Mehrheit der Stimmen im Bundestag hinter sich, weil es eben keine Koalition gibt, schon gar nicht unter Führung der SPD. Aber Martin Schulz braucht auch keine absolute Mehrheit: Nach Art. 63 des Grundgesetzes reicht es, im dritten Wahlgang die meisten Stimmen zu bekommen. Mit anderen Worten: Die SPD-Fraktion kann ihn ganz allein zum Kanzler wählen – sofern niemand von der Union antritt.

Wenn Martin Schulz also seine Kandidatur ankündigt, dann hat die Union genau drei Möglichkeiten:

  • Angela Merkel fällt um und lässt sich zur Kanzlerin einer Unions-Minderheitsregierung wählen
  • Merkel bleibt hart, aber irgendjemand bei der Union putscht und tritt als Kanzler(in) an
  • die Union schaut zu, wie Martin Schulz zum Bundeskanzler gewählt wird

Ich denke, alle drei Optionen sind besser als eine Groko nach dem Muster, das in den Sondierungen festgelegt wurde.

Wenn Angela Merkel oder jemand anders aus der CxU-Fraktion Kanzler(in) einer Minderheitsregierung wird, kann die SPD aus der Opposition heraus für ihre sozialen, gerechteren Alternativen werben. Und nichts hindert sie, im Einzelfall Kompromisse zu schließen und gute Ideen gemeinsam mit der Union umzusetzen, wie sie sich in den Sondierungen etwa in den Bereichen Bildung und Europa abzeichneten. Wahrscheinlich lässt sich dann mindestens ebenso viel sozialdemokratische Politik durchsetzen wie in einer GroKo – aber ohne Fraktionszwang, und mit der Freiheit, falsche Unions-Konzepte nicht zähneknirschend mittragen zu müssen.

Und wenn Martin Schulz Kanzler würde? Klar, dann wartet auf ihn und die Fraktion die Herkulesaufgabe, Mehrheiten im Bundestag zu organisieren. Aber für Martin Schulz wäre das ein Heimspiel: Er hat viele Jahre im europäischen Parlament Mehrheiten organisiert, ganz ohne Koalitionen – und er genoss dort Respekt über alle Parteigrenzen hinweg. Außerdem bedeutet ein Bundeskanzler Martin Schulz ein Kabinett Martin Schulz – er könnte also brillante Köpfe als Minister(innen) auswählen, vielleicht auch den einen oder anderen aus anderen Fraktionen, und so selbst ohne neue Gesetze viele sozialdemokratische Akzente setzen.

Schließlich wäre eine Minderheitsregierung, egal mit wem als Kanzler(in), eine Sternstunde des Bundestages. Denn der Bundestag – immerhin die Vertretung des Volkes – würde wieder zu einem Raum der Debatten und zum eigentlichen Machtzentrum.

Das Grundgesetz bietet also viel mehr Chancen als Groko oder Neuwahlen! Die SPD sollte sie nutzen. Martin Schulz sollte sich im Bundestag zur Wahl stellen und so den Bluff von Angela Merkel entlarven: Sie wird dann aller Wahrscheinlichkeit nach einknicken und sich wählen lassen.

Und wenn nicht? Dann wird Martin Schulz eben doch noch Bundeskanzler. Immerhin haben die SPD und er dafür neun Monate lang gekämpft. So nah dran wie heute war er noch nie.

Wagen wir wieder mehr Demokratie! #dritterweg

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